Erstmals haben Forscher mit konkreten Zahlen belegt, inwiefern Krebs vermeidbar sein kann. Dabei wurden Daten aus Deutschland ausgewertet, die aufgrund des ähnlichen Lebensstandards und bei annähernd gleichen Umweltbedingungen durchaus mit Österreich vergleichbar sind. Mindestens 37% aller Krebsfälle stehen in Deutschland mit vermeidbaren Risikofaktoren in Verbindung. Ohne Rauchen, Übergewicht, Ernährungsfehler und Infektionserkrankungen wären 165.000 Neuerkrankungen pro Jahr vermeidbar.

Die Wissenschaftler bringen 85.072 Krebserkrankungen mit dem Tabakkonsum in Verbindung. Das entspricht 19% aller neuen Fälle. 89% aller Lungenkrebsfälle bei Männern und 83% bei Frauen lassen sich damit erklären.

Hoher Alkoholkonsum führt bei 9.588 Patienten zu Krebs, das sind 2% aller Neuerkrankungen. Hier haben vor allem Tumore der Mundhöhle und des Rachens (34% bei Männern und 6% bei Frauen) sowie Plattenepithelkarzinome der Speiseröhre (30% bei Männern und 5% bei Frauen) Bedeutung.

Weitere 13% aller Krebsfälle werden in Verbindung gebracht mit zuwenig Bewegung oder Übergewicht. Unterschiedliche Ernährungsfaktoren gelten in bis zu 16% ursächlich für Darmkrebs. Niedrige Ballaststoffzufuhr, wenig Obst und Gemüse, hohe Fleisch- und Wurstkonsum oder zuviel Kochsalz werden dabei in Zusammenhang mit einem erhöhten Krebsrisiko genannt.

17.600 Krebsfälle gehen auf das Konto diverser Infektionen. Das entspricht 4,0% aller Neuerkrankungen. An der Spitze steht dabei unter anderem Helicobacter pylori, ein Bakterium, das die Magenschleimhaut besiedeln kann. Infektionen mit diesem Bakterium werden für eine Reihe von Magenerkrankungen verantwortlich gemacht, die mit einer verstärkten Ausschüttung von Magensäure einhergehen. Darunter fallen beispielsweise Magenschleimhautentzündung (Gastritis vom Typ B), oder auch etwa 75 Prozent der Magengeschwüre und bis zu 95 % der Zwölffingerdarmgeschwüre. Die Untersuchung auf eine Infektion mit Helicobakter pylori ist daher heute ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik von Magenerkrankungen. Eine chronische Infektion mit Helicobacter pylori ist ein Risikofaktor für die Entstehung von Magenkrebs (Magenkarzinom und MALT-Lymphom). Dabei kann eine Magenspiegelung nicht nur klären, ob ein Befall mit Helicobacter pylori vorliegt, sondern auch Magenentzündungen, Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre zuverlässig entdecken. Zusätzlich können Frühformen von Magenkrebs mittels Magenspiegelung vollständig entfernt werden.

Möglicherweise ist der Anteil von den 37% bezogen auf vermeidbare Krebserkrankungen noch zu niedrig. Nicht immer konnte der Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Krebserkrankungen als wissenschaftlich gesichert dargestellt werden, ist aber dennoch sehr wahrscheinlich. Diesbezüglich werden noch weitere Studien benötigt, um das nachzuweisen.

Wenn dabei das Potenzial von Früherkennungsmaßnahmen, wie etwa der Darmspiegelung berücksichtigt wird, so liegt der Anteil vermeidbarer Krebserkrankungen noch weitaus höher, schätzungsweise bei mindestens 50 Prozent!

Fest steht, dass weit über ein Drittel aller Krebs-Neuerkrankungen vermeidbar sind, wenn die Krebsvorsorge voll ausgeschöpft wird.

Mons U, et al: Dtsch Arztebl Int 2018; 111(35-36):571-577; Behrens G, et al: Dtsch Arztebl Int 2018; 111(35-36):578-585; Gredner T, et al: Dtsch Arztebl Int 2018; 111(35-36):586-593

CategoryEndoskopie

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